Team Familiencoaching

Sozialpädagogische Familienbegleitung: Begleiten auf Augenhöhe

Vertrauen aufbauen, Beziehungen gestalten, Grenzen wahren: Die Sozialpädagogische Familienbegleitung (SPF) des Angebots Familiencoaching der AOZ unterstützt Familien in komplexen Lebenslagen – und stellt dabei hohe Anforderungen an Fachlichkeit, Haltung und Selbstreflexion.

Während in der Cafeteria der AOZ langsam Mittagsstimmung aufkommt, wird im Sitzungszimmer gleich nebenan noch intensiv gearbeitet. Das Team Familiencoaching der AOZ, welches Familien im Rahmen der Sozialpädagogischen Familienbegleitung (SPF) unterstützt, gewährt einen Einblick in seinen Arbeitsalltag. Seit bald zwanzig Jahren unterstützt es Familien in schwierigen Situationen – vor Ort, bei den Familien zu Hause, in der Regel einmal pro Woche. «Das ist eine Kinderschutzmassnahme an vorderster Front», erklärt Stefan Pfister. Gemeinsam mit Monica Vitti leitet er auf der Ebene Fachleitung das Team aus rund 10 Familienbegleiter*innen. Die Arbeit verlangt viel Flexibilität und ein tiefes Verständnis für unterschiedliche Lebensrealitäten. Und genau hier liegt eine Stärke des Teams: Die Sozialpädagogischen Familienbegleiter*innen bringen breite transkulturelle Kompetenzen mit. Sie sprechen verschiedene Sprachen und verfügen über ein feines Gespür für kulturelle Prägungen, familiäre Rollenbilder und unterschiedliche Erziehungsvorstellungen. Die AOZ, fährt Stefan fort, sei dafür bekannt dafür, beigezogen zu werden, wenn bisherige Begleitungen erfolglos geblieben seien. Da spiele die transkulturelle Kompetenz sicherlich eine Rolle, aber auch die Werte und die Arbeitsweise, die zum Erfolg in der täglichen Arbeit mit den Familien führten.

Die Familie ist die Expert*in

Damit eine Zusammenarbeit überhaupt möglich wird, braucht es vor allem eines – Vertrauen. Das ist eine grosse Herausforderung, denn oftmals löst eine solche Massnahme von aussen Unsicherheit aus. Kommt da jemand, der es besser weiss? Oder gar verurteilt? «Solche Ängste müssen ernst genommen werden. Vor allem am Anfang hilft es, wenn wir nochmals erklären, wer wir sind und wofür wir da sind», sagt Monica Vitti und ergänzt: «Ziel ist es zu schauen, wie es den Kindern geht, was sie für eine gesunde Entwicklung brauchen und wie wir als SPF dazu beitragen können.» 

Ein zentraler Teil dieses Auftrags ist es, mit den Eltern gemeinsam Lösungen zu erarbeiten – auf Augenhöhe und ressourcenorientiert. Die Familienbegleiter*innen arbeiten deshalb kompetenzorientiert: Sie stärken die elterlichen Fähigkeiten und anerkennen, was bereits vorhanden ist. «Zu unserer Haltung gehört: die Familie ist die Expertin und wir kommen von aussen, um zu unterstützen», erzählt Teamkollegin Coralie Bär. Das bedeutet auch, anwaltschaftlich für die Familie zu handeln und eine vermittelnde Rolle einzunehmen. «Wir machen auch Fachpersonen aufmerksam auf die Bedürfnisse der Familie», fügt Stefan Pfister an. Das könne beispielsweise ein Gespräch mit einer Lehrperson sein, wenn ein Kind Nachhilfeunterricht benötige.

Reflexion als zentrales Werkzeug

Der Balanceakt zwischen Nähe und professioneller Distanz gehört zum Alltag der SPF und ist oft herausfordernd. «Es ist ein schmaler Grat, denn Vertrauen kann nicht aufgebaut werden, wenn man immer Distanz hält», erklärt Teamkollege Siyoum Zerai. Doch wie nah ist zu nah? Nehme ich das Telefon um zehn Uhr abends noch ab, weil ich besorgt bin? Wie gehe ich damit um, wenn ich plötzlich Tante oder Onkel genannt werde oder das Kind mir auf den Schoss sitzen möchte? All diese Fragen beschäftigen das SPF-Team – denn die Verantwortung für die professionelle Gestaltung der Beziehung liegt bei den Fachpersonen.

«Wir investieren deshalb stark in unsere Reflexion und schaffen gezielt Räume für den Austausch, etwa in den regelmässig stattfindenden Fallcoachings oder Supervisionen», erklärt Martin Rauh, Leiter des PsychoSozialen Dienstes der AOZ. «Zudem entwickeln wir neue Formate wie die Fallwerkstatt, in der wir abgeschlossene Fälle gemeinsam reflektieren und daraus lernen – gerade auch im Hinblick auf Nähe und Distanz.» Denn Abgrenzung ist keine Fähigkeit, die einmal erlernt und abgehakt ist. Sie muss immer wieder neu reflektiert und weiterentwickelt werden. Je nach Situation ist das mal einfacher, mal herausfordernder.

Grund zum Feiern

Nächstes Jahr wird das Angebot Familiencoaching SPF 20 Jahre alt – ein passender Moment für das Team, auf seine vielfältige Arbeit zurückzublicken. Die Freude an der Tätigkeit ist spürbar: Teamkollegin Vanessa Alig bringt es auf den Punkt: «Man erhält grossen Spielraum und Vertrauen. Ich mache die Arbeit eigentlich allein, weiss aber mein Team im Rücken.»